Seilbahn

Seilbahn
Transport von Kalkstein von Hausen (Dreimühlen) zur Magdalenenhütte (Mechernich)

Johann W. Mießeler

Kalkstein war in und um Eiserfey herum reichlich vorhanden und wurde hier abgebaut.
Der gewonnene Kalkstein wurde in Hochöfen zu Kalk gebrannt oder bei der Erzverhüttung zugesetzt.

Als Branntkalk beim Hausbau, beim Tünchen der Wohnungen und Ställe sowie als Düngekalk fand der gebrannte Kalk Verwendung.
Das Kalkbrennen und die Eisenerzverhüttung ist auf der Homepage des Bürgervereins Eiserfey, Dreimühlen,Vollem e. V. beschrieben (
www.eiserfey.de)
Die Steigerung der Bleierzverhüttung im Mechernicher Bleibergwerk erhöhte auch den Bedarf an Kalkstein.

Wegen des hohen Kieselsäuregehalts des geförderten Bleierzes wurde diesem, um eine fließfähige Schlacke zu erhalten, vor dem Schmelzprozess Kalk in Form von Kalksteinsplitt zugeschlagen. Aus diesem Grund erwarb der Mechernicher
Bergwerks-Aktien-Verein zwei Kalksteinbrüche (auf Tivoli bei Vollem und auf Hausen bei Dreimühlen) in der Gemarkung Weyer.
1878/79 wurde mit dem Abbau auf Tivoli begonnen.
Der Transport der Kalksteine erfolgte mit Pferdefuhrwerken zur Magdalenenhütte am Bachrevier in Mechernich und wurde auf Grund des gesteigerten Fördervolumens zu teuer und durch eine Seilbahn ersetzt.

1883 wurde mit dem Bau einer 3,8 km langen Drahtseilbahn von der Hütte zum Steinbruch auf Tivoli begonnen und 1890 bis zum Steinbruch auf Hausen verlängert.
Die Drahtseilbahn wurde von eisernen Pfeilern gehalten, die im Abstand von 30 bis 50 Metern im Erdreich verankert waren.
Um die gleichbleibende Spannung in den Tragseilen zu gewährleisten, waren auf Hausen, auf Tivoli und an der Bleihütte schwere Gewichte an den Seilen angebracht.
Auf dem Lorbacher Berg stand der sogenannte Spannblock. An diesem waren die Tragseile so verankert, dass der Zug von der Bleihütte den Zug vom Zwischenort Tivoli ausglich.
Hinter Vollem musste auf der Bergkuppe ein Einschnitt gegraben werden, damit die gefüllten Körbe nicht den Boden berührten.
Die benötigten Aufstellplätze für die Pfeiler bzw. Flurdurchführungen auf dem Weg von Hausen nach Mechernich wurden gepachtet oder gekauft.
Auszug aus dem Gemeinderatsprotokoll der Gemeinde Weyer vom 06.08.1883: „In Verfolgung einer von der Landräthischen Behörde zu Schleiden eingegangenen hohen Regierungsverfügung, beschloß der Rath dem Mechernicher Bergwerks Aktien Verein mehrere Parzellen auf dem Territorium des Ortes Vollem zur theilweisen Benutzung bzw. verkäuflich zu überlassen“

Auszug aus einer Urkunde eines Eigentümers abgeschlossen mit dem Königlich Preußischen Notar für den Oberlandesgerichtsbezirk Cöln mit dem Amtssitz in Gemünd

Ähnliche Urkunden wurden mit den Eigentümern der Parzellen in Lorbach, Vussem und Bergheim erstellt.
An den Kreuzungen der Drahtseilbahn mit Straßen und Wegen, sicherten hohe Holzschutzbrücken die Passanten vor herabfallenden Kalksteinen.

Holzbrücke über die Landstraße Richtig Weyer

 
Es passierte hin und wieder, dass sich auf dem Transportweg ein Korb löste und mit seinem
Nachfolger zusammenstieß oder Sabotageakte die Bahn außer Betrieb setzten.
Dabei entstanden oftmals an den Pfeilern erhebliche Schäden. Das verursachte einen längeren Stillstand der Drahtseilbahn.
 


Auszug aus dem Unterhaltungsblatt und Anzeiger für den Kreis Schleiden
 
Zur Bedienung der Anlage waren zwei Mann auf Hausen, zwei Mann auf Tivoli und zwei Mann an der Endstation Bleihütte eingesetzt. Dazu kam der Maschinist an der Hütte und der Bahnmeister am Spannbock.
Die Belegschaft im Steinbruch hatte eine durchschnittliche Stärke von 35 Mann, der lange Jahre der Steiger Wilsberg von Vollem vorstand. Der Tageslohn (1902-1910) betrug für den Hauer 2 Mark, für die Schlepper 1.90 Mark. Vorwiegend wurde aber im Akkord gearbeitet. Dabei erhöhte sich der Tageslohn für den Hauer auf 2.30 Mark und für den Kiesklöpper und Schlepper auf 2,20 bis 2,30 Mark.

Die sogenannten Kiesklöpper" hatten die Aufgabe, den Kalkstein in Stücke zu Würfeln von ca. 4 cm Seitenlänge zu zerschlagen. Neben einem Schuppen für den Steiger und der „Kaffeebude" waren in dem Kalksteinbruch eine Schmiede und eine Schreinerei untergebracht. In der Schmiede wurden Gezähe und die im Kalkstein stark beanspruchten Bohrer gewartet. Der Schreinerei oblag vor allem die Herstellung der verschiedensten Hammerstiele, für die es einen ständigen großen Bedarf gab.
Der Kalkstein wurde durch Sprengung, in der Regel in der verkehrsschwächsten Zeit, nämlich mittags um 12 Uhr aus seiner Lagerstätte gelöst und dann manuell auf die geforderte Stärke zerkleinert.
 


Der Verlauf der Seilbahn ist auf einer Karte der Plankammer der Königlich-Preußischen-Landes-Aufnahme aus dem Jahre 1895 (27, Kreis Schleiden, Mechernich) zu sehen.
 
Der Kalksteinabbau ging im Laufe der Jahre ganz auf Hausen über. 1897 wurde Tivoli stillgelegt.
Veränderte Verhüttungsmethoden erforderten wenige Kalkstein.
Der Steinbruch auf „Hausen" wurde 1919/20 stillgelegt. Die Drahtseilbahn blieb ungenutzt stehen und wurde 1934 abgebaut.
Die Steinbrüche sind auf „Tivoli“ und auf „Hausen“ heute noch deutlich sichtbarDie Rampen, von denen die Seilbahn abging, sind als Aufschüttung noch vorhanden.
Die von „Tivoli“ ist am Weg von Eiserfey nach Vollem links hinter dem Waldrand auf halber Höhe noch gut zu erkennen.
   
Quellen:
Karte der Plankammer der Königlich-Preußischen-Landes-Aufnahme aus dem Jahre 1895 (27, Kreis Schleiden, Mechernich)
Aufzeichnungen Michael Linden (unveröffentlicht)
Beschlüsse des Gemeinderates der Gemeinde Weyer vom 06.08.1883
Festschrift zum 1125-jährigen Ortsjubiläum Eiserfey (Willi Brüll)
Unterhaltungsblatt und Anzeiger für den Kreis Schleiden
Notareintrag Dahmen, Bewilligungsurkunde Notar Wolf. Reg.-Nr. 32/11
Die Kalksteinbrüche und Drahtseilbahn, Informationsblätter zur Eifeler Bergbaugeschichte, 5/1997, Anton Könen  

 

13.02.2023